Musik entsteht aus dem phantasiegeleiteten Spiel mit Ton und Rhythmus, dass zugleich ein Erinnern ist an die Welt, aus der wir kommen und in die wir gehen werden. Musik wird nicht erfunden, sie wird erlauscht. KomponistInnen er-hören Musik, Vokalisten und Instrumentalistinnen sollten es auch tun. Menschen, selbst wenn sie sich selbst für unmusikalisch halten, unterscheiden zuverlässig "ihre" Musik von grenzenlosen Fluten des musikalisch Möglichen. Jeder hört etwas anderes "heraus". So wie der Beobachter das beobachtete physikalische Phänomen / Experiment durch seine Beobachtung beeinflusst, so beeinflusst Hören das Gehörte. Menschen hören intentional, sie schaffen gehörte Wirklichkeit – jeder seine.
Merkwürdigerweise bleibt dieser eigentlich schöpferische Vorgang zumeist unbewusst. OrchestermusikerInnen entwickeln im Laufe ihres Berufslebens hunderte von Einspielformeln ohne die eine je zu bemerken, die mehr ist als Etüde, nämlich Idee.
Der unbemerkt gebliebene Musenkuss kann natürlich nicht beseligen, es ist, als hätte er nicht stattgefunden. Das geküsste Individuum weiß nichts von seiner Fähigkeit, Gestalten zu bilden oder leugnet sie gar: KomponistInnen haben im vergangenen Jahrhundert zahlreiche, teils banale Neuordnungen der musikalischen Parameter konstruiert, um sich vom "Diktat des Einfalls zu befreien" (Arnold Schönberg). So sind viele Werke entstanden, deren Entwicklungsgeschichte mit der Uraufführung beendet war. Weltberühmte zeitgenössische Komponisten beklagen sich zu Recht darüber, dass kaum jemand ihre Musik kennt, geschweige denn wieder erkennt. Nur langsam finden Musik(er-) findung und –rezeption aus der Krise. Neue Musik wird (wieder) zur Zwiesprache mit dem Irrationalen bzw., wenn man es denn gelten lassen will, dem Metaphysischen. Ihre "Ordnung" ist musikimmanent und nicht aufoktroyiert.
Robert Schumanns Wort, dass die Musik der Zukunft "die große Fuge sein wird, bei der die verschiedenen Völkerschaften einander ablösen beim Singen" wirkt auch heute noch utopisch, ist aber nicht mehr mit Denkverbot belegt. Vieles spricht dafür, dass die Zeit der genialen Einzelleistung vorbei ist, dass Musik künftig nicht nur Gemeinschaften bildet, sondern Gemeinschaftskunstwerk sein wird.
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"Improvisatie" - Musik, die als ein notwendiger Impuls für diese Zeit wahre Meditation ermöglicht. Nicht als Beruhigungsdudelei, sondern als sensibel ins Bewusstsein gespielte Gegenwart auf hohem geistig musikalischen Niveau. Mehr empfangen als gespielt, mehr ausgegossen als erklungen. Und, indem sie sich ergie�t, erfüllt sie sich neu. In der TAT ist hier ein Liebesmusiker am WERK. Der Hörende kann sich getrost zu neuen, besseren Taten beflügelt fühlen und ist durch Entrückung in der Wirklichkeit angekommen.